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Maison Margiela Hermès Retrospektive Ausstellung Antwerpen

“MARGIELA, THE HERMÈS YEARS” GEHT DEM KONZEPTUELLEN ERBE MARTIN MARGIELAS AUF DEN GRUND

Um die Mode radikal zu verändern, bedarf es manchmal keiner großen Worte. Im Falle von Martin Margiela genau genommen gar keiner. Der Einfluss des belgischen Designers bis heute ist umso wegweisender. Einblicke in einen entscheidenden Abschnitt seines Schaffens gibt jetzt die mit Spannung erwartete Ausstellung „Margiela The Hermès Years“ in Antwerpen. Bis zum 28. August 2017 widmet sich das MoMu in einer umfassenden Retrospektive dem Wirken Martin Margielas für Hermès zwischen 1997 und 2003. Die Ausstellung beleuchtet sowohl seine Arbeit für das Pariser Modehaus als auch sein eigenes Label und skizziert das Œuvre des Designers weit über diese Periode hinaus.

Die Ernennung von Martin Margiela zum Creative Director der Womenswear von Hermès im Oktober 1997 sorgte vielerorts für ein kritisches Echo. Galt der Belgier doch bereits damals als subversive Ausnahmeerscheinung, Inbegriff und Wegbereiter der modischen Avantgarde sowie Phantom der Branche. Als Verweigerer des üblichen Glamours sollte Martin Margiela so gar nicht in das Bild der Image-tragenden Designerpersönlichkeit passen und schien noch weniger geeignet, das französische Traditionshaus angemessen wiederzubeleben. Allen Kritikern zum Trotz versah er Hermès mit einer bahnbrechend kompromisslosen Idee von Zeitlosigkeit, Minimalismus, Komfort und höchster taktiler Handwerkskunst. Die monochromen, in absoluter Perfektion gefertigten Entwürfe Margielas brachen maßgeblich mit der Vergangenheit des Labels, ohne dessen Erbe aus den Augen zu verlieren. So sorgte der Designer binnen kürzester Zeit für eine Neuerfindung von Hermès, die bis heute zu spüren ist.

Die Arbeit für sein eigenes Label Maison Martin Margiela gestaltete sich weitaus radikaler. Seit der Gründung im Jahr 1988 verwirklichte Margiela seine moderne Vision davon, was Mode als künstlerische Disziplin darf und muss. Der Pionier des Dekonstruktivismus nahm Kleidungsstücke auseinander und fügte sie in Disharmonie erneut zusammen. Futter und Schulterpolster kamen zum Vorschein, Nähte wurden nach außen gewendet, Kanten blieben ungesäumt, Fadenreste galten als Relikt eines demaskierten Produktionsprozesses. Margiela recycelte bereits gebrauchte Materialien erneut, versah getragene Kleidungsstücke mit einem Farbanstrich und schneiderte alte Entwürfe mitunter identisch nach. Die Gesichter der Models blieben stets anonymisiert, wurden durch Strumpfmasken, lange Haarteile oder schwarze Balken unkenntlich gemacht und lenkten damit keinesfalls durch Idendität vom Produkt ab. Sein experimenteller Umgang mit der Materie lieferte eine intellektuell-anarchische Antithese zum System Mode.

Während Margiela sich selbst vor Jahren aus der Mode zurückgezogen hat und nur noch als Künstler aktiv ist, besteht sein Label erfolgreich weiter. Ein identitätsloses, kollaboratives Team setzt die Vision des Belgiers fort – während der Arbeit in identische weiße Arbeitskittel gehüllt, wie aus diversen Berichten über das Hauptquartier von Maison Martin Margiela zu erfahren ist. Mode wird hier erforscht und umsorgt, es wird operiert und transplantiert und schließlich neues textiles Leben erschaffen.

„Margiela The Hermès Years“ ist die erste Ausstellung, welche sich der Schaffenszeit des Designers für Hermès in ihrer Ganzheit widmet und die Verbindung zu Margielas eigenem Label sucht. Mit diesem kuratorisch einzigartigem Ansatz gilt sie bereits jetzt als die herausfordendste Retrospektive ihrer Art und ist sicher einen Besuch in Antwerpen wert.

Margiela The Hermès Years”, MoMu in Antwerpen, 31. März bis 27. August 2017

Von Lola Fröbe

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